Donnerstag, 21. Februar 2013

Schafe, Schafe, Schafe





Nun lebe und arbeite ich mittlerweile schon seit 3 Wochen auf einer Schaffarm bei Leuten namens Andrew und Jill und es wird höchste Zeit, dass ich mal wieder von mir hören lasse. Heute ist das Wetter nicht so berauschend. Es ist bewölkt und ziemlich kalt. Perfekt, um gemütlich beim typisch englischen Afternoon Tea über die Erlebnisse der letzten Wochen zu berichten.
Die nächtliche Busfahrt von Sydney nach Melbourne war sehr ruhig. Im Bus habe ich ein Paar aus Norwegen kennengelernt. Die beiden erzählen mir, dass im Vergleich zu Norwegen Australien sogar noch günstig ist. Ich zeige mich ziemlich beeindruckt, dass es tatsächlich noch teurer geht.
In Melbourne lege ich einen kurzen Zwischenstopp ein. Melbourne erinnert mich ein bisschen an Hamburg. Es ist eine sehr junge, lebendige Stadt, jedoch etwas relaxter als Sydney. Hier gibt es einen großen Hafen und jede Menge Wasser. Die Leute sind sehr sportlich. Ständig begegnet man einem Jogger, auf den Flüssen oder Seen tummeln sich die Ruderer und fast jeder fährt ein Rennrad.

Federation Square - ein zentraler Punkt in Melbourne. Hier ist immer was los.

Heute gibt es ein Live-Konzert mit karibischen Klängen.





Suchbild - findet Franzi!
Mitte März findet der Formel 1 Gran Prix in Melbourne statt. Die Straßen werden schon vorbereitet.

Nach ein paar Stunden geht es aber schon wieder mit dem Bummelzug weiter nach Birregurra. Dort werde ich von Andrew am Bahnhof abgeholt und bevor wir zur Farm ins ca. 10 km entfernte Deans Marsh fahren, macht Andrew noch ein paar Erledigungen in Birregurra. Dabei treffe ich bereits die halbe Dorfgemeinschaft und werde natürlich auch jedem vorgestellt. Hier kennt jeder jeden.
Auf der Fahrt zur Farm kann ich bereits die australische Landschaft bewundern. Natürlich sieht man, ganz wie erwartet, überall Eukalyptusbäume. Es ist ordentlich hügelig hier. Das liegt daran, dass Deans Marsh sich am Fuße der Otways befindet, ein 90 km parallel zur Küste langer Gebirgszug. Zur berühmten Great Ocean Road sind es nur schlappe 20 km. 20 km, die es jedoch mit dem Fahrrad in sich haben, wie ich später noch erfahren werde. Ansonsten ist hier alles gerade ziemlich trocken. Kein Wunder, es hat hier seit sieben Wochen nicht mehr geregnet.
Auf der Farm angekommen muss ich feststellen, dass ich hier nur die Nummer 2 bin. Genauergesagt Franzi Nummer 2. Franzi Nummer 1 kommt auch aus Hamburg und ist eine andere Wwooferin, die aber leider nur noch 2 Tage da ist. Ich wohne zusammen im Haus bei Jill und Andrew. Die beiden haben drei Töchter, die alle zur Uni gehen und zwischendurch immer mal auf der Matte stehen. Eine Stunde habe ich Zeit, erstmal „anzukommen“, Sachen auszupacken und mir die Farm anzugucken. Das Haus hat eine große offene Wohnküche, hier spielt sich das ganze Leben ab. Ich habe mein eigenes Zimmer.




Es gibt einen kleinen Obst- und Gemüsegarten und jede Menge Tiere. 5 Hunde, 4 Pferde (die ich aber als Anfänger leider nicht reiten darf/sollte), Hühner und eine handzahme Elster. Meistens fliegen hier auch immer irgendwelche anderen Vögel rum. Ganz besonders fallen natürlich die bunten Papageien auf, die mit Vorliebe in den Obstbäumen sitzen und auch wirklich jede Frucht anpicken, um zu testen ob sie schon reif sind. Kakadus gibt es hier auch zu Hauf und die machen Krach. Manchmal wird einem schon etwas mulmig, wenn so ein riesiger Schwarm kreischender Kakadus über einen fliegt. Und dann gibt es natürlich noch die ganzen Schafe und ein paar Alpakas auf den Weiden. Die Alpakas sind dazu da, die ganz jungen Lämmer vor den Füchsen zu beschützen.



Mein Lieblingshund "Wilson" - er hat nur drei Beine und ein Auge.


Die Elster beim allmorgentlichen Versuch mir das Frühstück zu klauen.
Franzi 1 beim Füttern der Elster.

Hast du schon von Ellie gehört? Sie hat Sonntag sogar zwei Eier gelegt. - Jaaa jaa, ich sag's ja immer wieder. Die jungen Hühner heutzutage.


Jede Menge Schaaaafe.

Kängurus hab ich direkt auf der Farm keine gesehen. Tagsüber sieht man sowieso keine Kangurus, außer tot am Straßenrand. Die Kängurus kommen nämlich meistens erst in der Abenddämmerung raus und hüpfen mit Vorliebe in Richtung Scheinwerfer. Nachts Auto fahren ist daher nicht ganz ungefährlich. Wenn möglich, sollte man es lassen.

Die Straßenschilder stehen hier nicht umsonst.
Aus der Stunde Zeit zum Ankommen werden schließlich zwei Stunden. Das wird die kommenden Wochen noch öfter passieren. Mit der Uhrzeit nehmen die Leute es hier nicht so genau. Typisch australisch eben, getreu dem Motto „No worries!“. Sonst sind Jill und Andrew aber sehr nett und gastfreundlich. Manchmal ist es schwierig mit Ihnen Gespräche in Gang zu bringen und ich finde, dass Ihnen etwas Humor fehlt. Nach dann eben nach 2 Stunden geht es aber endlich los. Wir müssen die Lämmer auf der Weide zusammentreiben, damit wir sie morgen „drenchen“, d.h. entwurmen können. Abends gibt es dann was Warmes zu essen und obwohl das Zusammentreiben jetzt nicht so anstrengend war, habe ich ziemlichen Hunger. Es gibt Andrews Spezialgericht: Veggie Pie.

Die Arbeit draußen an der frischen Luft bei meistens gutem Wetter macht mir auf jeden Fall ziemlichen Spaß. Die Tage plätschern so vor sich hin und man ist abends angenehm müde. Mit der Zeit kriegt man auch ganz gut den Dreh raus, wie man sich verhalten muss, damit das Schaf in die Richtung geht, in die man will, dass es geht. Cool war auch, dass ich mal Quad fahren durfte. Das war eigentlich ziemlich easy. Etwas anspruchsvoller war da die erste Fahrt mit dem „Ute“, so eine Art Lieferwagen mit Allrad. Auf der linken Seite zu fahren, fühlt sich am Anfang einfach mal total falsch an, aber ich habe auch die erste Straßenfahrt unfallfrei überstanden.

Der Tagesablauf in den kommenden Wochen siehst meist folgendermaßen aus:

Ca. 8:00 Uhr Frühstück

Ca. 8:30 Uhr – 13:00 Uhr Arbeiten: Die meiste Zeit sind wir damit beschäftigt Schafe zusammenzutreiben, auszusortieren, zu drenchen (definitiv die dreckigste Arbeit, danach riecht man wie ein Schaf höchstpersönlich), Zäune zu reparieren, Schafe zu retten, die sich irgendwo verheddert haben oder im Matsch feststecken (meine Lieblingsaufgabe), ertrunkene Schafe ausm Wasser ziehen (eher nicht meine Lieblingsaufgabe), Schafe füttern, Diesteln vernichten und so weiter. Natürlich fallen auch diverse Arbeiten im Haushalt an.

Schafe füttern.

Diesteln - der Schreck jedes Farmers.

Aber nicht mit Franzi - die Diesteln hatte keine Chance.

In der Scheune. Hier werden im Dezember die Schafe geschoren. Dieses Jahr waren es wohl 2000.


 
Danach macht sich jeder selbst ein paar Sandwiches zum Lunch. Anschließend ist meistens Freizeit angesagt, manchmal muss ich auch länger machen. Das ist ganz unterschiedlich. Abends müssen dann die ganzen diversen Tiere gefüttert werden.

Arbeiten muss ich von montags bis samstags. Sonntags ist frei. Am ersten Sonntag wollte ich natürlich unbedingt erstmal an die Küste nach Lorne. Ist ja nicht weit weg und die 20 km mit dem Fahrrad sind ja eh ein Klacks. Dachte ich und bin ganz motiviert mit dem Fahrrad losgezogen. Schnell hab ich dann gemerkt, dass das Fahrrad jetzt nicht gerade DIE Rennmaschine ist und dass man einmal 300 Höhenmeter rauf und anschließend 500 Höhenmeter runter muss, war mir auch nicht so bewusst. Das erste Stück bergauf ging noch ganz gut, danach ging es im wahrsten Sinne des Wortes steil bergab und mir wurde klar, dass der Weg zurück eine ziemlich Quälerei werden würde. Zu allem Überfluss fing es auch noch an zu regnen und als ich schließlich unten angekommen war, war ich einfach nur durchgefroren. In Lorne hat es schließlich immer noch geregnet und ich hatte immer noch diesen steilen Aufstieg vor Augen, so dass ich es noch nicht mal zum Meer geschafft habe und direkt wieder umgekehrt bin. Ich wollte es einfach nur hinter mir haben. Anderthalb anstrengende Stunden später war ich schließlich endlich wieder oben angekommen und auch die Sonne kam wieder raus, so dass ich dann wenigstens noch die Gelegenheit nutzen konnte, ein paar Fotos zu machen. Somit war der Ausflug wenigstens nicht ganz umsonst. 

Mein treuer Gefährte auf allen Fahrradtouren. In Australien herrscht übrigens Helmpflicht.
Endlich wieder oben angekommen.




Muh!


Andrew und Jill versuchen einen sonst immer in diverse Freizeitaktivitäten zu integrieren, was gerade am Anfang gut war, als ich hier noch keinen wirklich kannte und auch die einzige Wwooferin bei Ihnen war, nachdem Franzi 1 uns verlassen hat. An einem Sonntag fand in einem Weingut ein Open Air Musikfestival statt, bei dem Andrew auch mitgesungen hat. Die Stimmung dort war sehr relaxt und die Musik gut. Es wurde hauptsächlich Folk und Country gespielt, was mir persönlich aber ganz gut gefällt. Insgesamt ein ziemlich schöner Nachmittag.


Die Deans Marsh Singer Group. Andrew ist ganz links.













Samstags spielt Andrew immer Cricket, das ist ähnlich wie Baseball. Ich bin auch einmal zum Zugucken mitgekommen. Aber ganz ehrlich, das ist der langweiligste Sport, den ich je gesehen habe. Die meiste Zeit stehen die Spieler aufm Feld, werfen ab und zu mal den Ball hin- und her und alle 10 Minuten passiert dann mal was Wichtiges. Und gerade dann hat man nicht hingeguckt. Das geht dann so ca. 5 Stunden lang. Offizielle Spiele können wohl schon mal über 5 Tage gehen. Trotzdem kommen einige Leute aus dem Dorf zum Zugucken. Das Wichtigste dabei ist aber nicht das Spiel, sondern der aktuelle Dorfklatsch.

Cricket - gegen Schlafprobeleme jeglicher Art. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.


Später habe ich Sue kennengelernt. Sie kommt auch aus Deutschland und wwooft bei anderen Leuten im Dorf, Deryn und Peter. Hier tummeln sich so viele Deutsche, das ist unfassbar. Aber ich verstehe mich gut mit Sue und so haben wir uns ein paar Mal getroffen, um beispielsweise was in der Dorfkneipe trinken zu gehen. Gestern haben mich Deryn und Peter ebenfalls zum Dinner eingeladen. Die beiden haben ein tolles Haus, eine Wand im Wohnzimmer ist komplett verglast und man hat den schönsten Blick auf den Sonnenuntergang hinter den sanften Hügeln. Abgesehen davon war es natürlich auch sonst es ein sehr schöner geselliger Abend.
Ebenfalls hier kennengelernt habe ich Annika…natürlich mal wieder aus Deutschland. Sie wohnt eigentlich in Port Campbell und hat auf der Farm nach einem Farmjob gefragt. Den gab’s zwar nicht, aber wir kamen ins Gespräch. Mit ihr war ich schließlich einen Nachmittag in Lorne. Diesmal bei gutem Wetter und mit dem Fahrrad gefahren sind wir auch nicht. Sie hat nämlich ein Auto. Zum Baden war es zwar auch zu kalt, aber für ein Eis hat es gereicht. Und das hatte es in sich. Ich glaube, ich habe ich habe dort die zwei größten Eiskugeln meines Lebens gegessen.

Meine Theorie ist, dass die Eiskugeln in Australien so groß sind, weil die Hälfte davon erbarmungslos von der Sonne weggeschmolzen wird.


Ein weiteres Highlight war definitiv die Einladung zum „Crayfish“-Essen von Freunden von Jill und Andrew – Richard und Pat. Crayfish ist so eine Art Hummer und normalerweise richtig teuer. Das Kilo kostet schlappe 80 $. Richard ist Hobbyfischer und hatte gerade welche gefangen. Das ist gar nicht so einfach, wie er erzählte. Um den Crayfish zu fangen, muss man tauchen gehen. Hilfsmittel darf man als Hobbyfischer nicht nutzen, nur die bloßen Hände. Die Scheren sind ziemlich kräftig. Um also keine Finger zu verlieren, trägt er spezielle Handschuhe. Zwar nicht ganz ungefährlich, aber ziemlich lecker. Vor allem, wenn er so frisch ist. Zusammen mit dem tollen Ausblick von der Terrasse und dem hausgemachte Wein von anderen Gästen ein einmaliges Erlebnis.

Das Wetter hier ist nicht immer nur sonnig und warm. Von tagsüber kühlen 18 Grad bis heißen 38 Grad war schon alles dabei. Nachts kann es teilweise schon recht frisch werden, worauf ich mich zugegebenermaßen klamottentechnisch nicht so wirklich eingerichtet hatte. Regnen tut’s hier im Moment sehr selten. Oft sieht es so aus, dass jeden Moment losgeht, dann kommen zwei, drei Regentropfen und das war’s denn. Häufig ist es recht windig. Die Trockenheit und der Wind bieten beste Voraussetzungen für Buschfeuer, die hier immer ein großes Thema sind. Um ein offenes Feuer zu machen, brauch man meistens eine Genehmigung, teilweise ist es ganz verboten. Fast jeder ist mehr oder weniger in der Feuerwehr engagiert. Jeder Haushalt hat für sich selbst einen Notfallplan aufgestellt, in dem genau aufgelistet ist, was zu tun ist, wenn das Feuer noch weiter weg ist und was, wenn es schon das Haus erreicht hat. An einem Nachmittag war „Firedrill“ angesagt. Also der Test für den Notfall, was im Einzelfall heißt: Pumpe im Teich anschmeißen, Feuerwehrschlauch ausrollen und anschließen und Wasser Marsch.


Was hier in Australien natürlich anders ist, ist alles was sich am Himmel abspielt, schließlich befinden wir uns hier in der südlichen Hemisphäre. Sehr beeindruckend ist hier der Sternenhimmel. Man guckt von hier nämlich direkt ins Zentrum der Milchstraße, was bedeutet dass man viel mehr Sterne sieht. Hier auf dem Land, wo weit und breit nichts ist, sieht man einen fantastischen Sternenhimmel. Auch die Sternenbilder sind andere. Statt am Nordpolarstern orientiert man sich am Kreuz des Südens (das ist übrigens das Sternbild, was auf der australischen Flagge abgebildet ist). Die Geometrie des Mondes bei zu- und abnehmenden Mond ist hier genau anders rum. Der höchste Sonnenstand wird nicht im Süden, sondern im Norden erreicht. Das ungeliebte Nordzimmer ist in Australien also ziemlich gefragt.

Meine Zeit hier ist nun vorbei und heute abend geht es zu Annika nach Port Campbell an die Great Ocean Road.

Zum Schluss noch ein paar Bilder, die ich zwischendurch gemacht habe.







 

3 Kommentare:

  1. Hey Franzi,
    da fehlen einem ja (fast) die Worte: toll!
    Die Porträts und die Tierbilder sind so schön, dass man den Winter hier fast vergessen kann.
    Viele Grüße,
    Miriam.

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  2. Liebe Franzi,

    ich habe dich gefunden!!!!!

    Deine Reportage ist wieder so wunderschön. Es ist fast so, als wenn wir mitreisen.
    Wir wünschen dir eine schöne Zeit in Port Campbell und Umgebung

    Wir umarmen dich,
    Mutti und Vati

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  3. Hej Franzi .
    jeah, ich hab's gecheckt: wenn man auf "neuer post" klickt kommt der neue post - mein aha-effekt des tages. ich war mental immer noch in singapur mit dir. aber diese woche kam deine karte - vielen dank. mein küchenschrank ist sooo international tapziert!
    deine fotos sind echt der hammer! das hat wirklich fotobandqualität. am bestern gefällt mir die australische landhausküche, die ist superschön!!! Schade, dass du die pferde nicht ausprobieren konntest, die sind bergauf nicht so anstrengend wie ein fahrrad.
    Hier hat nach den ersten zarten frühlicngstagen (krokusse an der parkstraßen-wiese!) wieder der winter mit 15 cm neuschnee einzug gehalten. da lobe ich mir das australische wetter. vor 3 wochen ist simon bei mir eingezogen, wir sind jetzt also eine 3er-WG.
    Viele liebe Grüße und weiterhin ganz viel Spaß,
    Franzi3

    PS. Wie siehts denn aus mit deinen Aufgaben ;-)

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