Sonntag, 22. Dezember 2013

In 188 Tagen um die Welt




Am 08.Juli um 19 Uhr Ortszeit startet mein Flieger in Auckland. Ich sitze in einer Boeing 747 und freue mich, jetzt endlich mal Vergleichsmöglichkeiten zum A380 zu haben. Tja, der Airbus gewinnt, um Längen. Nach 12 Stunden befinden wir uns im Landeanflug. Die Frau neben mir erzählt mir, dass ein paar Tage vorher hier in San Francisco ein Flugzeug bruchgelandet sein soll. Danke für die Info! Der Flieger setzt butterweich auf. Puh! Am 08.Juli um 12 Uhr betrete ich amerikanischen Boden. Wir haben die Datumsgrenze überschritten und erleben nun den Tag ein zweites Mal.
Bevor ich endlich los kann, muss ich noch durch die Einreisekontrolle. Irgendwie habe ich ein mulmiges Gefühl, man hört ja viel von den Amis und ich habe die Vorstellung, dass ich erstmal ins Kreuzverhör genommen werde, bevor ich rein darf. Aber im Vergleich zu Australien und Neuseeland ist es echt easy. Ein paar Fragen und ich kann durch.
So das ist erledigt, aber wie komme ich jetzt am besten in die Stadt rein? Am Informationsschalter frage ich die nette Dame. Sie fängt erstmal mit dem Teuren an. Taxi 30 Dollar. Hmm, nö. BART (U-Bahn) 8 Dollar. Schon eher. Schnellbus 5 Dollar. Wir kommen der Sache näher. Linienbus 2 Dollar. Bingo!
Erstmal brauche ich aber Geld, also schnell zum Geldautomaten. Dann zum Bus. Aber wo fährt der los? Die Ausschilderung ist schlecht bzw. garnicht vorhanden. Man soll wohl zu den teureren Fortbewegungsmittel greifen, aber nicht mit mir. Nach einer Weile bin ich immerhin schon draußen angelangt, aber wo der Bus jetzt abfahren soll, weiß ich trotzdem noch nicht. Ich treffe einen Mann, der hier arbeitet und gerade Pause macht. Er führt mich persönlich zum Abfahrtsort. Sehr höflich oder vielleicht wusste er auch einfach nur, dass ich es sonst eh nicht finden würde und ich ihn nochmal belästigen muss. Er merkt aber auch gleich an, dass der Busfahrer kein Wechselgeld rausgibt. Mist. Also nochmal rein in den Flughafen und versucht, irgendwo Geld klein zu machen. Beschließe bei Starbucks einen Keks zu kaufen für 1,75 Dollar. Bezahlen muss ich am Ende irgendwas über 2 Dollar. Die Preise sind immer ohne Mehrwertsteuer und Trinkgeld ausgewiesen. Na ja, andere Länder, andere Sitten. Blöd finde ich es trotzdem. Aber keine Zeit zum Aufregen, lieber den Bus erwischen.
Die Busfahrt dauert etwas länger. Aber ich habe Zeit und fahre ja auch ganz gerne Bus. Schon im Bus fällt mir auf, dass Kalifornien zweisprachig ist, denn es ist fast immer alles in Englisch und Spanisch ausgewiesen. Kein Wunder, 35 % der kalifornischen Bevölkerung spricht spanisch.
Dann komme ich irgendwann in der Innenstadt an. Bevor ich in San Francisco bleibe, fahre ich aber erstmal mit dem Bus direkt zum Yosemite National Park. Wir verlassen San Francisco über die Bay Bridge, einer der großen Brücken San Franciscos. Wow! Der Blick ist toll. Als wir in Yosemite ankommen, bin ich überrascht, wie warm es plötzlich geworden ist. In San Francisco waren es zwar auch vielleicht so 22 °C, aber hier im Inland sind es bestimmt fast 30°C. Nach der neuseeländischen Eiszeit genau das Richtige.
Dann geht es mit dem Shuttle Bus auf einen der Campingplätze im Yosemite Valley. Ohne Reservierung geht hier übrigens nichts. Langsam merke, ich dass ich fertig bin. Zwei unbequeme Nächte in Aufrechtschlafposition plus Jetlag stecken mir in den Knochen. Ich mach Zelt und Isomatte fertig und versuche zu schlafen, denn morgen geht's wandern.
Also nächsten morgen früh raus, denn ich hab schon den Shuttle Bus zum Startpunkt der Wanderung reserviert. Der Bus startet an der Yosemite Lodge. Anderthalb Stunden später sind wir oben am Glacier Point angekommen. Die Wanderung startet oben und man muss dann eigentlich fast nur noch bergab gehen. Sehr komfortabel. Bevor es losgehen kann, will ich erstmal noch den Ausblick genießen. Grandios! Auch die Luft riecht so angenehm nach warmen Nadelbaumwald.
Dann geht's los. Ich will den Panorama Trail gehen. Die einzige bin ich nicht, die Wanderung ist sehr beliebt. Acht Meilen sind es bis zurück ins Tal. Ich merke den Jetlag, aber etwas Bewegung kann bestimmt nicht schaden. Zunächst geht es zwei Meilen bergab zum Illilouette Gorge. Dort begegne ich einer Parkrangerin mit ner Paintballgun. Sie warnt vor den Schwarzbären. Diese ernähren sich hauptsächlich von Insekten und greifen normalerweise keine Menschen an. Trotz der vielen Hinweisschilder, dass keine wildlebenden Tiere, vor allem Bären, gefüttert werden soll, gibt es doch genug Menschen, die das tun. Dadurch verlieren die Bären die Scheu vor den Menschen und können aggressiv werden, wenn sie einem Menschen begegnen, der ihnen nichts zu fressen gibt. Falls es wirklich zu einem Übergriff kommt, muss das angreifende Tier eingeschläfert werden, damit die Touris weiterhin unbekümmert im Park rumwandern und Tiere füttern können. Traurig, aber wahr. Mit der Paintballgun will sie die Tiere abschrecken und falls ich einen Bär seh, soll ich am besten Steine nach ihm werfen und zeigen, wer der Boss ist. Alles klar, gemerkt!
Anschließend geht es nochmal kurz bergauf, aber dann nur noch bergab. Nächster Punkt sind die Nevada Falls. Kurz davor gibt es einen See und ich nutze die Möglichkeit, etwas auszuruhen und die Füße ins kühle Wasser zu halten. Zzzzzsch. Wie angenehm. Danach geht's weiter zu den Vernal Falls und schließlich zurück ins Tal.
Eine schöne Wanderung war's und ich bin jetzt angenehm geschafft. Mit dem Shuttle-Bus fahre ich den Rest des Tages noch etwas im Tal rum und schaue mich um.


Ausblick vom Glacier Point. Rechts im Bild zu sehen ist der "Halfdome", das Wahrzeichen des Yosemite Nationalparks.
Illilouette Gorge


Kleinere Exemplare des Sequoia Tree (Riesenmammutbaum) - die höchsten können bis zu 95 m hoch werden.


Bei den Nevada Falls




Nevada Falls








h
Vernal Falls


Bitte nicht füttern!








Nach diesem Naturerlebnis bin ich nun bereit für die Großstadt und so fahre ich am nächsten Tag nach SAN FRANCISCO! Für die Zeit bleibe ich im Hostel. Im "Pacific Tradewinds" treffe ich nach langer Abstinenz wieder auf andere deutsche Backpacker. Ein regelrechtes Nest. Einige von Ihnen arbeiten selber im Hostel gegen Kost und Logie. Das Hostel befindet sich am östlichen Rand von Chinatown. In San Francisco muss man wohl ziemlich aufpassen, wo und in welchen Viertel man sich rumtreibt. Als allererstes kriege ich im Hostel eine Karte in die Hand gedrückt, auf der markiert wird, wo ich auf keinen Fall und schon garnicht nachts hingehen sollte. Es sei denn ich möchte unbedingt überfallen werden. Nee will ich nicht, also wird die Karte direkt in den Rucksack gesteckt.
Von der Einrichtung her ist das Hostel nichts besonders, aber die Stimmung ist toll. Hier kann man als Alleinreisender schnell andere Reisende kennenlernen. Man trifft immer jemanden, mit dem man sich unterhalten und/oder was unternehmen kann.
Heute brenn ich aber erstmal darauf, mir die Golden Gate Bridge anzusehen. Als ich ankomme, muss ich jedoch feststellen, dass sie ziemlich im Nebel eingehüllt ist. Trotzdem: für mich als Brückenfan einfach nur beeindruckend. Man hat sie schon so oft gesehen auf Bildern und in Videos und jetzt stehe ich hier. Wow! Was für ein Gefühl. Ich gehe einmal rüber, kalt und extrem windig ist es. Dann mach ich schon mal die besten Standpunkte zum Fotografieren aus. Ich will nochmal wiederkommen. Werde ich auch. Doch nie werde ich Glück haben. Immer wenn ich da bin, ist auch der Nebel da. Der hängt im Sommer morgens und abends über ganz San Francisco und zieht sich nur nachmittags etwas in Richtung Pazifik zurück. Die Golden Gate Bridge im Westen bleibt aber oft im Nebel und auch irgendwie immer dann, wenn ich da sein werde. Kann man nichts machen. Beste Reisezeit ist im Frühjahr und Herbst, wie ich später erfahre. Gut, für's nächste Mal weiß ich Bescheid.

Golden Gate Bridge im Nebel
Neben der Golden Gate Bridge gibt es aber noch so vieles mehr zu sehen in San Francisco. Sehr berühmt sind auch die Cable Cars, eine Art Straßenbahn, die sich durch Stahlseil in der Straße fortbewegt. Durch An- und Abkuppeln an das Stahlseil fährt die Straßenbahn oder eben nicht.


Cable Car




Einer der Antriebe der Cable Cars. Hier im Cable Car Museum.


Ansonsten kann man Shoppen, ins Kino gehen, die Umgebung von San Francisco erkunden oder einfach nur so in San Francisco rumlaufen und sich die verschiedenen Stadtviertel angucken. Die Orientierung ist ziemlich einfach, da die meisten Straßen im Zentrum in einem rechteckigen Raster angeordnet sind. Nur die Market Street verläuft einmal diagonal durch.


Im Stadtteil "Nob Hill"


Steile Straßen sind typisch für San Francisco



China Town


Market Street










Im ehemaligen Hippie Viertel "Haight Ashbury" - heute mehr touristisch als hippie.





















Santa Cruz ist ein nettes Städtchen an der Küste und in etwa anderthalb Stunden von San Francisco mit dem Bus zu erreichen.


Hier gibt's so eine Art Jahrmarkt










Frittierte Oreo Kekse










An einem Abend hab ich mir vorgenommen, die Bay Bridge bei Dämmerung zu fotografieren und mache einen kleinen Ausflug. Dazu muss ich erstmal über die Bay Bridge, aber das geht nur mit dem Bus. Also steige in den Bus nach Treasure Island. Der Bus ist ziemlich voll und das Publikum etwas fragwürdig. Ich habe ein komisches Gefühl. Aber die Fahrt verläuft ohne Zwischenfälle und ich steige auf "Treasure Island", einer Insel zwischen den beiden einzelnen Teilen der Bay Bridge, aus. Ich mache ein paar Fotos und bin auch ganz zufrieden, aber es gibt noch einen besseren Standpunkt und da will ich hin. Also geh ich die Straße hoch. Es gibt zwar keinen Bürgersteig hier, aber wird schon nicht so schlimm sein. Zwanzig Minuten später bin ich endlich oben und hole mein Stativ raus. Gerade als ich loslegen will, kommt die Polizei vorbei. Keine Fußgänger hier! Ich will noch sagen "hier ist aber kein Verbotsschild", aber das hier ist die amerikanische Polizei und da habe ich Vorurteile, also halt ich lieber die Klappe und gehe enttäuscht wieder zurück. Dann geht's wieder auf die andere Seite San Franciscos und ich mache noch ein paar Nachtaufnahmen. Durch die ganzen negativen Sachen, die ich gehört habe, wird mir aber doch etwas mulmig und ich packe die große Kamera lieber wieder ein.


Bay Bridge und Skyline von San Francisco


Richtung Berkeley - der Teil der Bay Bridge wird gerade durch einen Neubau ersetzt. Sobald die neue im Betrieb geht, wird die alte abgerissen.




Pier 14
Ampelphase
Für den nächsten Tag hab ich noch keinen rechten Plan, was ich unternehmen könnte. Im Hostel lerne ich Sebastian aus Deutschland kennen. Er hat gelesen, dass heute in San Francisco das Casting für American Idol stattfindet. Die Castings sind ja immer ganz lustig und wir wollen mitlachen. Natürlich nur über die anderen. Okay, zur Not singen wir auch, wenn wir sonst nicht reinkommen. Leider kommen wir garnicht rein. Die Anmeldung war schon gestern. Schade. Wir setzen uns draußen auf dem Vorplatz und beoabachten die Leute, die rauskommen. Auch ganz interessant. Manche sehen schon recht freakig aus. Ein Typ gibt sich als Reporter (kein offizieller glauben wir) und interviewt die Leute. Manche geben spontan ein Ständchen, was sich sogar teilweise richtig gut anhört.






Auch sie will mal ganz groß werden




Das ist übrigens Sebastian
Später erzähle ich Sebastian von meiner mehr oder weniger gescheiterten Fotoaktion. Er fotografiert auch ein bisschen und wir beschließen spontan, nochmal hinzufahren und unser Glück zu versuchen. Also wieder mit dem Bus nach Treasure Island und die Straße hochgegekraxelt. Keine Spur von Polizei. Wir haben genug Zeit Fotos zu machen, wenn auch irgendwie etwas unter Stress. Gerade als wir fertig sind, kommt wieder eine Streife vorbei. Puh, Glück gehabt. Wir zeigen uns einsichtig und gehen zurück.


Bay Bridge von oben
Und nochmal aus einer anderen Perspektive - wir sind zufrieden.
Am nächsten Tag machen wir nochmal einen Ausflug zum Wasser. Ferdinand, der im Hostel arbeitet, kommt auch mit.
Danach geht es für Sebastian am nachmittag nach Kanada und auch mein Flieger geht morgen. Die Zeit ging am Ende doch so schnell vorbei.










Am nächsten Tag muss ich mein Gepäck ein letztes Mal zum Bus schleppen. Leichter ist es auch an diesem Zwischenstopp nicht geworden. Mein Rücken tut weh. Der Abfahrtsort des Busses ist mal wieder schlecht ausgeschildert, aber mit ein paar Mal nachfragen finde ich es. In die andere Richtung kostet der Bus plötzlich 4 Dollar. Und sowieso habe ich schlechte Laune, denn irgendwie will ich doch nicht nach Hause.
Am Flughafen angekommen, gibt's direkt ne schlechte Nachricht. Der Flieger hat Verspätung und ich werde voraussichtlich meinen Anschlussflieger in London nicht schaffen. Deshalb wird der Flug umgebucht, was zur Folge hat, dass ich mit 4,5 Stunden Verspätung in Hamburg landen werde. Na ja, in Hamburg hat eh keiner Zeit mich abzuholen. Was soll's.
Die Wartezeit nach dem Checkin fühlt sich heute ewig lang an. Ich bekomme langsam Hunger und hab noch genau 4 Dollar bargeld übrig. Ein günstiges Fast-Food Restaurant gibt es hier nicht. Aber ich finde ein Restaurant, wo es Pommes gibt für...eben genau 4 Dollar. Juhuu. Ich ordere eine Portion. "Macht dann 4,36 Dollar bitte". Neeiin! Mehrwertsteuer vergessen. Der Kassierer hat kein Erbarmen und ich nehm die Drecks-Chipstüte für 2 Dollar. Meine Stimmung ist mittlerweile am Boden angelangt. Die restlichen 2 Dollar stecke ich in einen Massegestuhl, der mich dafür 5 Minuten durchknetet. Wenigstens sind die Rückenschmerzen jetzt weg.
Dann hat das Warten ein Ende und wir können ins Flugzeug. Das Flugzeug hebt ab und es wieder zurück nach Europa. Erste Station London. Der Flug dauert etwas über zehn Stunden. Danach ist wieder Warten angesagt. Beim Boarding bekomme ich ein Upgrade in die "Superior Class", cool! Ich sitze ganz vorne am Fenster zwischen lauter Schnöseln. Dafür freie Sicht ohne Flugzeugtragflächen. Es ist mittlerweile abends, die Sonne geht unter. Irgendwann fliegen wir über Deutschland. Wir fliegen parallel zur Elbe. Ich kann sogar die Schleuse in Brunsbüttel erkennen. Dann befinden wir uns allmählich über Hamburg. Und ich bin doch etwas ergriffen. Ich möchte gerne meine Kamera aus dem Gepäckfach rausholen, aber der Mann neben mir guckt etwas grimmig. Jetzt sehe ich den Hafen und dann Wilhelmsburg. Das Flugzeug fliegt weiter bis Geesthacht und dreht dann Richtung Westen in Vorbereitung auf den Landeanflug. Dann die Elbbrücken, Berliner Tor, Alster, die Blumenau (meine alte Straße), eine bevölkerte Stadtparkwiese (muss wohl warm sein draußen) und schließlich Fuhlsbüttel.
Dann landen wir und am 20.Juli um ca. 22 Uhr Ortszeit komme ich wieder dort an, wo ich vor genau 188 Tagen losgeflogen bin.

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